Ihre Essbiografie – Was Ihr Essen über Sie verrät
Essen ist Erinnerung - ein Duft, ein Geschmack, ein Geräusch am Tisch. Ihre Essbiografie verrät, warum Sie essen, wie Sie essen. Entdecken Sie in diesem Blogbeitrag die Bilanz Ihrer kulinarischen Erfahrungen.

von Catharina Helfenstein
Essen ist Erinnerung - ein Duft, ein Geschmack, ein Geräusch am Tisch. Ihre Essbiografie verrät, warum Sie essen und wie Sie essen. Entdecken Sie in diesem Blogbeitrag die Bilanz Ihrer kulinarischen Erfahrungen.
Was haben Znünibrot, Sonntagsbraten und Grossmutters Apfelkuchen gemeinsam? Sie sind Teil Ihrer Essbiografie – eingebunden in Ihre spezifischen, persönlichen Lebensumstände.
In diesem Beitrag erfahren Sie, warum es sich lohnt, Ihren biografischen Picknick-Korb zu öffnen.
Was ist eine Essbiografie?
Essen ist ein Teil Ihrer Lebensgeschichte. Die Essbiografie beinhaltet alle kulinarischen Erfahrungen und Erinnerungen, die Sie im Laufe Ihres Lebens gesammelt haben. Jede Esserfahrung wird körperlich und emotional abgespeichert – und alle zusammen bestimmen Ihr aktuelles Essverhalten.
Ob es das feine Znünibrot in der Kindheit war, das heimliche Naschen mit der kleinen Schwester oder das festliche Familienessen: All diese Momente schreiben sich in Ihr «Ernährungsgedächtnis» ein. Deshalb ist es wichtig, das eigene Essverhalten zu verstehen und darüber nachzudenken – denn erst dann können Sie festgefahrene Ernährungsgewohnheiten nachhaltig verändern.
Der biografische Picknick-Korb: Was Sie mit sich tragenStellen Sie sich vor, Sie tragen einen Picknick-Korb mit sich herum. Darin befinden sich nicht nur «kulinarische» Werte und Normen, die Ihnen im Laufe der Zeit vermittelt wurden, sondern auch Familientraditionen mit vielen kulturellen und sozialen Prägungen. Essensgewohnheiten bei Tisch, welche Sie von klein auf mitbekommen haben, können noch heute die unterschiedlichsten Gefühle auslösen. Sind Sie neugierig geworden? Dann werfen Sie doch einmal einen Blick in Ihren biografischen Picknick-Korb:
Familientraditionen: Wurde der Tisch zu besonderen Anlässen dekoriert? Gab es regelmässig ein Dessert? Welche Traditionen haben Sie übernommen?
Kulturelle und soziale Prägungen: In welchem Land sind Sie aufgewachsen? Wurden in Ihrer Familie die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen? Gab es an bestimmten Wochentagen besondere Gerichte?
Gewohnheiten bei Tisch: Zu welchen Uhrzeiten wurden die Mahlzeiten eingenommen? Musste der Teller leer gegessen werden? Gab es Tabu-Themen bei Tisch?
Werte und Normen: Welchen Stellenwert hatte Essen in Ihrer Familie? Waren Lebensmittel frei verfügbar? Gab es auch einmal Streit über Ernährung?
Ess-Emotionen: Wurden Sie für gutes Verhalten mit Essen belohnt oder getröstet? Haben bestimmte Gefühle regelmässig mit am Tisch gesessen? Kennen Sie „Frust-Essen“?
Diese Fragen können Ihnen helfen, Ihren persönlichen Picknick-Korb zu durchstöbern und zu erkennen, welche Prägungen bis heute wirken. Doch welche Vorteile bringt Ihnen das?
Warum es sich lohnt, die eigene Essbiografie zu kennen
Wer sich mit seiner Essbiografie auseinandersetzt, isst bewusster, gesünder und emotional ausgeglichener. Denn viele unserer heutigen Essmuster – wie das emotionale Essen bei Stress oder das ständige Snacken – haben ihre Wurzeln in früh erlernten Verhaltensweisen.
Ein Beispiel: Wer als Kind für «braves Verhalten» mit Süssem belohnt wurde, greift auch im Erwachsenenalter in belastenden Situationen eher zur Schokolade. Wer gelernt hat, dass der Teller immer leer gegessen werden musste, hat es später schwerer, auf sein natürliches Sättigungsgefühl zu hören.
Was sagt die Forschung?
Auch die aktuelle Forschung zeigt, dass Kinder Essmuster durch Beobachtung und Nachahmung übernehmen, Gefühle die Nahrungsaufnahme stärker als Hunger beeinflussen und soziale Kontexte unser Verhalten prägen. Das erklärt, warum wir manchmal immer noch weiter essen, obwohl wir eigentlich satt sind.
Gerne können Sie sich weiter informieren:
https://www.sge-ssn.ch/media/l5lfpbp5/sge_mb_kinder_de.pdf
Essbiografie als Schlüssel zur Veränderung
Hier sind konkrete Tipps, wie Sie Ihre Essbiografie für positive Veränderungen nutzen und sich von alten Glaubenssätzen lösen können:
1. Vom Pflichtessen zum Genussessen
Früher: «Iss deinen Teller leer!»
Heute: «Ich darf auf mein Sättigungsgefühl hören.»
Tipp: Üben Sie achtsames Essen. Legen Sie das Besteck zwischendurch ab, kauen Sie bewusst und spüren Sie, wann Sie satt sind – ganz ohne schlechtes Gewissen.
2. Vom Trostessen zur HandlungsfähigkeitFrüher: Schokolade bei Frust oder Traurigkeit
Heute: «Ich erkenne meine Gefühle und finde andere Wege, mit ihnen umzugehen.»
Tipp: Führen Sie ein «Emotions-Tagebuch». Notieren Sie, wann Sie essen, obwohl Sie keinen Hunger haben – und was Sie in dem Moment fühlen. So erkennen Sie emotionale Muster. Suchen Sie nach Ablenkungen, die nichts mit Essen zu tun haben, zum Beispiel ein Kinobesuch mit der besten Freundin.
Weitere Tipps finden Sie in unserem Blogbeitrag „Emotionales Essen verstehen und überwinden “.
3. Vom Automatismus zur bewussten Mahlzeitenstruktur
Früher: Essen nebenbei, aus Gewohnheit oder Langeweile
Heute: «Ich entscheide bewusst, wann und wie ich esse.»
Tipp: Richten Sie sich feste Essenszeiten ein – ohne Ablenkung durch Handy oder Fernsehen. So wird jede Mahlzeit zu einem achtsamen Moment der Selbstfürsorge.
Fazit: Ihre Essbiografie ist der Schlüssel zu Ihrem Essverhalten
Ihre Essbiografie ist ein Spiegel Ihrer Vergangenheit – und ein Werkzeug für Ihre Zukunft. Sie zeigt Ihnen, warum Sie essen, wie Sie essen – und wie Sie es verändern können. Wer sich mit seiner Essbiografie beschäftigt, legt den Grundstein für ein bewussteres, gesünderes und genussvolleres Leben.
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Autorin
Catharina Helfenstein
Dipl. Ernährungsberaterin HF SVDE
Adipositaszentrum Limmattal
Urdorferstrasse 100
8952 Schlieren